Obstbaumschnitt

Ein kleines Einmal-mal-Eins des Obstbaumschnittes

Warum Schneide ich einen Obstbaum?
Wir wünschen uns Obstbäume die Jahr für Jahr einen hohen Ertrag an schönen reifen Früchten tragen. Die meisten Obstbäume tragen am besten am 2-5 jährigen Ast und deren kurzen Seitentrieben. Der Schnitt ist dafür da ein Gleichgewicht zwischen Neutriebbildung und Ertrag zu erlangen und bis ins Kroneninnere die Fruchtbarkeit zu erhalten. Dafür ist eine ausreichende Belichtung der gesamten Krone erforderlich.

Erziehungsschnitt/ Erhaltungsschnitt
Unter dem Erziehungsschnitt versteht man die Schnittmaßnahmen, die man an einem jungen Baum vornimmt, um eine Krone zu bekommen, die man sich wünscht. Der Erhaltungsschnitt dient dazu diese Krone dann zu bewahren. Oft wird an einem Baum unten an den älteren Bereichen der Krone bereits der Erhaltungsschnitt durchgeführt während weiter oben im jüngeren Bereich noch Erziehungsschnittmaßnahmen durchgeführt werden. Ich behandle in diesem kurzen Skript deshalb beide Schnittmaßnahmen zusammen.
Ich beginne jede Schnittmaßnahme indem ich mir den Baum gründlich anschaue, kranke, tote und angebrochene Äste entferne und mir dann auf diesen Baum im Geiste mein Bild meines Wunschbaumes lege. Dann schneide ich alles weg, was nicht ins Bild passt.
Mein Wunschbaum sieht so aus: Er hat je nach Größe ein bis drei Etagen, pro Etage nicht mehr als drei bis vier Hauptäste, die wiederum leicht ansteigend sind. Die einzelnen Etagen dürfen nicht zu dicht aufeinander liegen, so dass sie nicht zueinander in Konkurrenz stehen. Wenn der Baum fertig geschnitten ist, sollte er so licht sein, dass man einen Hut durch den Baum schmeißen könnte. Nun schaue ich, ob ich diese Form in meinem Baum sehe. Versuchen Sie beim Baum anschauen auch in die Zukunft zu sehen: wie wächst der Baum, was schneide ich jetzt was schneide ich in ein paar Jahren. Manche Äste stören noch nicht, müssen aber in ein paar Jahren weg. Welche sind jetzt zwar noch klein, können aber später mal für andere einen Platz übernehmen?
Ich beginne den Schnitt, in dem ich zuerst einmal alle steil nach oben und die nach innen wachsenden Triebe entferne (mit Ausnahme des Leittriebes). Nun schaue ich wieder den ganzen Baum an, ich schaue von unten. Mit welchen drei – vier Ästen bilde ich meine Etage? Steil nach oben wachsende Triebe bilden eine zu kompakte Krone, die Triebe stehen in Konkurrenz zueinander. Flacher wachsende Triebe bilden auch mehr Fruchtholz. An zu flach wachsenden Trieben bekomme ich aber sehr viele Wasserschoße, ca. 25-30 Grad sind ideal. Nun bilde ich die Etage, entferne die Äste, die zu meinen ausgewählten Ästen in Konkurrenz stehen. Wenn sich meine Äste gabeln und parallel weiter wachsen, entferne ich einen davon.
Wenn der Baum groß genug ist, bilde ich nun knapp einen Meter über der ersten Etage die nächste Etage aus. Dabei muss ich nicht nur schauen, welche Äste prinzipiell geeignet wären, sondern auch, wie stehen sie zu der Etage darunter? Die Äste der neuen Etage dürfen nicht die unteren abdecken, täten sie es, kommen sie weg und ich suche weiter oben nach einem passenden Ast.
Zum Schluss schaue ich noch einmal ob der Baum mir gefällt, schmeiße meinen Hut durch den Baum und korrigiere eventuell noch einmal. Je regelmäßiger ich schneide desto geringer die Schnittmaßnahmen und um so leichter ist es ein Gleichgewicht zu halten.

Sommerschnitt
Es wird immer mehr dazu übergegangen, Obstbäume im Juni zu schneiden, weil die Wunden schneller verheilen, die Wuchsstärke des Baumes wird gebremst und im nächsten Jahr bildet der Baum weniger Wasserschosse. Ein Nachteil ist jedoch, dass man den Baum vor lauter Blättern nicht mehr sieht. Deshalb empfehle ich das Auslichten, d.h. ich entferne die Wasserschosse und die Triebe, die nach innen wachsen im Sommer, den Rest im Herbst- Frühjahr.
Schnittregel
Immer auf Astring schneiden (dicht am Stamm), da der unerwünschte Trieb sonst nur wieder ausschlägt.
Nie die Äste einfach einkürzen, der Ast schlägt sonst nur überall wieder unkontrolliert mit Wasserschossen aus. Ich muss dem Ast die Chance geben weiter zu wachsen. Will ich ihn einkürzen schneide ich den Ast bis zu einer Astgabel zurück und lasse den kleineren der beiden Äste dann komplett stehen. Der größte Fehler beim Obstbaumschnitt ist der des rundherum Einkürzens.
Je stärker ich im laubfreien Zustand schneide, umso stärker schlägt er aus. Starker Schnitt gleich starke lange Triebe. Deshalb lieber
häufigere „kleiner“ regulierende Schnittmaßnahmen als alle paar Jahre Radikalkuren.

Auf ein gutes Gelingen und mit freundlichen Grüßen
Till Schmalhorst